Arbeitszeitflexibilisierung
Die perfekte Arbeitszeit für Alle
Die digitale Transformation und der Ruf nach Agilität beherrschen derzeit den Diskurs rund um Arbeitszeit und Arbeitszeitmodelle. Doch der Need nach Arbeitszeitflexibilisierung entspringt nicht nur dieser Entwicklung. Die Zunahme der Anzahl der erwerbstätigen Frauen und der Wunsch nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das Lebensgefühl der Generation Y und der Wunsch nach individuellen Arbeitszeitkonzepten oder die New Work-Bewegung, das alles spiegelt der vielleicht sperrige aber elementare Begriff Arbeitszeitflexibilisierung wider.
Wie genau ist Arbeitszeitflexibilisierung definiert?
Wir sehen, der Begriff ist weit gefächert. Und so nähert man sich einer Definition denn auch am besten von der anderen Seite: Was ist eigentlich eine nicht flexible Arbeitszeit? Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) definiert Arbeitszeit als „die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen“. Nur im Bergbau zählen die Pausen zur Arbeitszeit. Für Frauen und Männer mit mehreren Beschäftigungsverhältnissen müssen laut ArbZG die Arbeitszeiten zusammengerechnet werden. Angestellte Mitarbeiter und Auszubildende dürfen grundsätzlich nicht mehr als acht Stunden pro Werktag arbeiten. Wird diese Marke überschritten, muss dieses innerhalb der kommenden sechs Monate ausgeglichen werden. Natürlich gibt es auch hier Sonderfälle wie beispielsweise die Nachtarbeit und abweichende tarifliche Bestimmungen je nach Branche. Dennoch gilt: Regulär arbeiten angestellte Mitarbeiter werktags acht Stunden an fünf Werktagen. Beginn und Ende der Arbeitszeit sind im klassischen Arbeitnehmerverhältnis festgelegt.
Sämtliche Arbeitsformen, die von diesem Modell abweichen, gehören in den Bereich der Arbeitszeitflexibilisierung.
Die Grundlage: Das Arbeitszeitkonto
Grundsätzlich ist eine flexible Arbeitszeitgestaltung für Vollzeit und Teilzeitmodelle umsetzbar. Es gibt verschiedene Arbeitszeitmodelle. Sie alle benötigen als Voraussetzung das Arbeitszeitkonto, welches Mehrarbeit als Zeitguthaben oder Minusstunden dokumentiert. Die Rahmenbedingungen für ein Arbeitszeitkonto, wie Höchstarbeitszeiten, Neudefinition von Mehrarbeit oder auch Modi für Konfliktsituationen, sollten mit dem Mitarbeiter besprochen und festgelegt werden.
Arbeitszeitflexibilisierung hat viele Gesichter
Stimmt die Basis, folgt die Entscheidung über die Umsetzung der Arbeitszeitflexibilisierung. Es existieren verschiedene Modelle, nicht jedes passt zu jedem Unternehmen. Wie müssen Ziele, Motivation, Kosten und Nutzen abgewogen werden. Diese Modelle gibt es:
• Teilzeit: Oberbegriff und Voraussetzung für zahlreiche Arbeitszeitmodelle, die auf täglichen, wöchentlichen und jährlichen Arbeitszeitverkürzungen basieren.
• Jobsharing: Zwei oder mehr Mitarbeiter teilen sich einen Arbeitsplatz.
• Altersteilzeit: Reduktion der Arbeitsstunden, gleitender Übergang in den Ruhestand
• Kurzarbeit: Reduktion der Arbeitszeit, um mangelnde Auftragslagen zu überbrücken
• Mehrarbeit: Vorübergehende Überschreitung der Höchstarbeitszeit
• Gleitzeit: selbstbestimmte Arbeitszeitplanung durch den Mitarbeiter um eine Kernarbeitszeit herum
• Funktionszeit: Gleitzeit ohne definierte Kernzeit
• Wahlarbeitszeit: modulare Arbeitszeitplanung auf Basis eines Personalbedarfsplans
• Vertrauensarbeitszeit: selbstbestimmte Planung der Arbeitszeit durch die Mitarbeiter
• Jahresarbeitszeit: Festlegen einer Nettojahresarbeitszeit, bei der die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit abzüglich der Feiertage auf das Jahr hochgerechnet wird.
• Nacht- und Schichtarbeit
• Telearbeit oder auch Home Office
• Lebensarbeitszeit: In verschiedenen Lebensphasen wird mehr oder auch weniger gearbeitet.
• Sabbatical: temporär begrenzte Auszeit vom Job
• Bereitschaftsdienst, z. Bsp. bei der Feuerwehr
• Rufbereitschaft
Arbeitsflexibilisierung ist ein relevanter weicher Faktor
Die Möglichkeiten der Arbeitsflexibilisierung sind vielfältig. Das bevorzugte Modell sollte sowohl die Bedürfnisse des Mitarbeiters als auch die des Unternehmens berücksichtigen. Die Mühe lohnt sich: Flexible Arbeitszeitmodelle sind in Zeiten des demografischen Wandels und Fachkräftemangels ein schlagendes Argument im Recruiting. Für die nachwachsende Arbeitnehmer-Generation werden die weichen Faktoren im Entscheidungsprozess für einen Arbeitgeber immer wichtiger. Stichwort: Work-Life-Balance. Wer heute und in Zukunft qualifizierte Kräfte finden will, kommt um die Arbeitszeitflexibilisierung nicht herum.
Hinweis: In diesem Text wird aus Gründen der Lesbarkeit auf das Gendern verzichtet.