Arbeitszeugnis

Ein Dokument, das es in sich hat

Das Arbeitszeugnis kann Karrieren voranbringen und Türen öffnen. Es kann sie auch schließen. Der Teufel versteckt sich bei diesem Formular wie so oft im Detail. Besser: In der Formulierung und im Subtext. Das Arbeitszeugnis ist ein Dokument, das sowohl für Recruiter als auch für Jobsuchende eine hohe Relevanz hat. Es ist sogar so wichtig, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer einen Anspruch darauf hat. Oft kommt hierbei ein sogenannter Zeugnis-Parser zum Einsatz. Sollte das Arbeitszeugnis in den Bewerbungsunterlagen eines ansonsten vielversprechenden Kandidaten für eine vakante Position fehlen, sollten Personaler darauf drängen, dass dieses nachgeliefert wird. Denn es enthält wichtige Informationen über die berufliche und persönliche Eignung des/der Bewerbers/in.

Einfaches oder qualifiziertes Arbeitszeugnis

Ein einfaches Arbeitszeugnis fungiert mehr oder weniger als eine Art Arbeitsbescheinigung. Es enthält Informationen über die Beschäftigungsdauer und -art. Über eine Aufgabenbeschreibung geht es meist nicht hinaus. Wesentlich spannender, zumindest aus der Sicht von Personalverantwortlichen, ist das qualifizierte Arbeitszeugnis. Dieses ist detaillierter und beschreibt Arbeitsweise und -erfolge, gibt Hinweise auf das Sozialverhalten und erlaubt Rückschlüsse auf eventuelle Führungskompetenzen.

Kein qualifiziertes Arbeitszeugnis ohne Codes

Ein Arbeitszeugnis ist der Wahrheitspflicht, dem Wohlwollen und der Vollständigkeit verpflichtet. Jedes Arbeitszeugnis ist damit grundsätzlich positiv und wird zu Gunsten des scheidenden Mitarbeiters ausgestellt. Innerhalb der Personalerbranche haben sich jedoch bestimmte Floskeln und Codes herauskristallisiert, die universell funktionieren. Sie enthalten einen Subtext, der den Bewerber in Bezug auf seine Eignung und sein Verhalten charakterisiert. Einige Beispiele:

• „Er/Sie führte die Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit aus.“

Heißt: Der oder die Mitarbeiter/in verdient die Note „Sehr gut“

• „Er/Sie führte seine/ihre Aufgaben immer effizient und umfangreich aus.“

Heißt: Der oder die Mitarbeiter/in verdient die Note „Gut“

• „Er/Sie besitzt das erforderliche Fachwissen in dem Bereich…“

Heißt: Aber eben nicht mehr. Note: „Ausreichend“

• „Er/Sie zeigte für seine/ ihre Arbeit Verständnis.“

Heißt: Er oder sie hat nichts geleistet.

• „Durch seine / ihre Geselligkeit trug er/ sie zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.“

Heißt: Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin trank zu viel Alkohol.

• „Mit seinen/ihren Vorgesetzten ist er/ sie gut zurechtgekommen.“

Heißt: Er oder sie setzt wenig eigenständige Impulse im Team.

Das qualifizierte Arbeitszeugnis: Vielsagende Schlussformel

Eine Ende mit oder ohne Schrecken, aber auf jeden Fall mit Aussage: Die Schlussformel eines Arbeitszeugnisses verdient besondere Beachtung im Recruiting-Prozess. Einige Beispiele:

• „Er/sie verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedauern sein/ihr Ausscheiden sehr und wünschen Ihm/ Ihr für die Zukunft alles Gute.“

Heißt: Das Unternehmen trennt sich äußerst ungern von diesem / dieser Mitarbeiterin.

• „Er/sie verlässt uns auf eigenen Wunsch.”

Heißt: Er oder sie hinterlässt wenig Spuren im Unternehmen.

• „Er/sie verlässt uns im gegenseitigen Einvernehmen.”

Heißt: Er oder sie wurde gekündigt.

• „Wir bedanken uns für seine/ihre Mitarbeit.”

Heißt: Und tschüss! Der/die Mitarbeiter/in wird nicht vermisst.

• „Wir wünschen Ihm/Ihr für die Zukunft alles Gute, auch Erfolg.”

Heißt: Schlussendlich wird die Leistung des / der Kandidatin negativ beurteilt.

Ein Arbeitszeugnis ist eine Informationsquelle, hat aber auch seine Tücken, beispielsweise, wenn Bewerber dieses eigenständig verfassten. Denn das ist rechtlich erlaubt. Wer aber des Personaler-Vokabulars nicht mächtig ist und eine falsche Vorlage verwendet, kann sich so unwissentlich selber schaden. Im Zweifelsfall hilft es, mit dem Bewerber über das Arbeitszeugnis zu sprechen. Kommunikation ist der Schlüssel zur Lösung.

Hinweis: In diesem Text wird aus Gründen der Lesbarkeit auf das Gendern verzichtet.